Der Museumswelt-Blog gewährt museale Einblicke in die Welt der Kunst und Museen und informiert über aktuelle Ausstellungen.
Aufgabe der Kunst ist es, Antworten auf die wichtigen Fragen des Lebens und der Zeit zu finden.
»Die Kunst ist eine Tochter der Freiheit.« Schiller
Schwerpunkte dieses Museums-Blogs sind Kunst, Malerei, Museen und Ausstellungen.
Willi Sitte wurde vor 100 Jahren im tschechischen Kratzau geboren. 2013 starb er in seiner Wahlheimat Halle.
Er war der bekannteste Staatsmaler und der mächtigste Kunstfunktionär der DDR. Wie kaum ein anderer Künstler hat Sitte bereits zu DDR-Zeiten mit seiner unbedingten Staatstreue, aber auch mit seinen Bildern polarisiert.
Zu seinem 100. Geburtstag ist im Kunstmuseum Moritzburg in Halle eine umfassende Retrospektive unter dem Titel »Sittes Welt« zu seinem Leben und Schaffen zu sehen.
Das Kunstmuseum Moritzburg in Halle zeigt mit »Sittes Welt« mehr als 250 Werke aus allen Lebensphasen Willi Sittes. Es ist die erste umfassende Sitte-Schau seit rund 35 Jahren in diesem Umfang. Nach dem Mauerfall war Willi Sitte als überzeugter Kommunist und bis zuletzt Verfechter des DDR-Systems zu einer Art rotem Tuch in der deutschen Museumslandschaft geworden.
Die Schau ist als eine Art Parcours angelegt, der weitgehend dem Leben und Werk von Sitte folgt: Es beginnt mit seiner Herkunft und Familie, gefolgt von der Zeit des Zweiten Weltkriegs und schließlich geht es um seine politische und künstlerische Entwicklung in der DDR. Zum ersten Mal bekommt man auch einen umfassenden Einblick in sein Schaffen nach 1989 bis ins Jahr 2005.
Die neue Lichthalle MAAG eröffnet mit einer Weltpremiere: «Viva Frida Kahlo – Immersive Experience». Noch nie waren die Werke der mexikanischen Künstlerin in einer Lichtausstellung zu sehen.
Die Bilder und das Leben der expressiven Malerin sind Vorlage für die immersive Inszenierung, die mittels Videoprojektionen, Licht- und akustischen Effekten präsentiert wird. Dank der 360 Grad Rundumprojektion haben die Besucherinnen und Besucher das Gefühl, sich mitten in den Gemälden und dem Leben der Künstlerin zu befinden.
Noch nie waren die Werke der mexikanischen Künstlerin in einer Lichtausstellung zu sehen. Die Werke der expressiven Malerin mit ihrer zugänglichen Symbolik und den bunten exotischen Pflanzen und Tieren ebenso wie die ausdrucksstarken Portraits.
Die neue Lichthalle MAAG ist das erste permanente Museum für immersive Ausstellungen in Zürich - visuelle Ausstellungen. Werke grosser Künstlerinnen und Künstler werden in der Lichthalle illuminiert, animiert, vertont und auf Wände, Decken und Böden projiziert, um in visueller Form Inhalte dem Zuschauer nahezubringen.
Ein Beamer-Test in der ehemaligen Tonhalle Maag in Zürich zeigt, was es mit der immersiven Kunst auf sich hat. Ab 22. September sollen dort die Besucher in Frida Kahlos Bildwelten herumspazieren.
Die Ausstellung in der Lichthalle MAAG Zürich vom 22. September 2021 bis 2. Januar 2022.
Die Albertina in Wien zeigt von 17. September 2021 bis 9. Januar 2022 erstmals in Mitteleuropa eine große Ausstellung des italienischen Künstlers Amedeo Modigliani, mit seiner Vorliebe für Akte, einem Außenseiter der Moderne. Zeitlebens wenig erfolgreich, erzielen seine Werke heute dreistellige Millionenbeträge. Das Spannungsfeld seiner Kunst zwischen Avantgarde und Archaik ist auch Sinnbild seines eigenen, dramatischen Lebens.
Amedeo Modigliani (1884-1920) war zeitlebens von Armut, Schicksalsschlägen, Drogenexzessen und schwerer Krankheit gezeichnet, konnte nur mit seiner Kunst für Miete und das Nötigste zum Überleben aufkommen. Heute zählt der 1920 im Alter von nur 35 Jahren verstorbene Künstler aus Livorno, Amedeo Modigliani, zu den teuersten Künstlern der Geschichte, dessen Bilder dreistellige Millionenbeträge erzielen.
Die Wiener Albertina würdigt Amedeo Modigliani anlässlich seines 100. Todestages mit einer spektakulären, ca. 130 Objekte aus drei Kontinenten umfassenden Retrospektive »Revolution des Primitivimus«. Die ursprünglich für das Jubiläumsjahr 2020 geplante Schau wurde aufgrund der Pandemie verschoben: Nun wird dieser faszinierende, unverkennbare Künstler erstmals auch in Österreich gezeigt. Die Ausstellung vereint Hauptwerke aus den renommiertesten Museen und Privatsammlungen von den USA bis Singapur, von Großbritannien bis Russland mit größeren Leihgaben aus dem Musée Picasso-Paris und der Sammlung Jonas Netter, der ein großer Förderer Modiglianis zu seinen Lebzeiten war. Sie soll den außergewöhnlichen Künstler innerhalb eines einzigartigen Kreises von Avantgarde-Malern verorten.
Das Leben Modiglianis, des früh gescheiterten Bildhauers, lässt sich an Dramatik kaum überbieten: Bereits im Alter von von elf Jahren litt Modigliani an einer schweren Rippenfellentzündung. Mit 14 Jahren erkrankte er an Typhus, einer seinerzeit als tödlich geltenden Krankheit. Später litt er an chronischer Tuberkulose, die den nur 35-Jährigen im Januar 1920 letztlich das Leben kostete. Zwei Tage später nahm sich seine im achten Monat schwangere Verlobte, Jeanne Hébuterne, das Leben.
Die Ausstellung in der Albertina dauert bis zum 9. Januar.
Die weltweit einmalige Ausstellung »Johannes Vermeer. Vom Innehalten« im Dresdner Zwinger der Staatlichen Kunstsammlungen versammelt dieses und zehn weitere Gemälde von Vermeer – die nur 35 Bilder des Malers sind über die ganze Welt verteilt. Zur Eröffnung in Dresden kamen auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte.
Insgesamt zehn der siebenunddreißig Bilder Vermeers können in der Ausstellung »Johannes Vermeer. Vom Innehalten« im Zwinger betrachtet werden, auch dank großzügiger Leihgeber. Die Kunstwerke sind nicht etwa aufgereiht wie auf einer Perlenschnur. Vielmehr wird das Publikum durch einen Parcours geschickt, dessen Stationen sich jeweils einem Thema widmen, das für Vermeer ebenso bedeutsam war, wie auch für andere Maler seiner Zeit.
Als Höhepunkt der Ausstellung und Finale wird das zum Dresdner Bestand gehörende »Brieflesende Mädchen am offenen Fenster« regelrecht zelebriert.
Nach dem von einer internationalen Expertenkommission begleiteten mehrjährigen Restaurierungsprozess ist es nun wieder so zu sehen, wie es wahrscheinlich das Atelier des 26-jährigen Malers verlassen hat: mit einer Bild-im-Bild-Darstellung, die den Kopf des schönen Mädchens hinterfängt und einen Liebesgott zeigt.
Lange wurde darum gerungen, nun öffnet das Deutsche Romantik-Museum in Frankfurt, das einzige seiner Art in Deutschland. Über die Epoche der Romantik (etwa 1790 bis 1850) gibt es weltweit kein einziges Museum. "Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Eröffnung für die zweite Jahreshälfte 2021 vorgesehen", sagte Anne Bohnenkamp-Renken, die Direktorin des Freien Deutschen Hochstifts.
Direkt neben Goethes Geburtshaus gelegen, soll es ein internationaler Besuchermagnet werden. Das Goethehaus zählt jährlich rund 100.000 Gäste. 2012 zog der Börsenverein des Deutschen Buchhandels aus dem Nachbarhaus aus. Die Stadt Frankfurt stellt das Grundstück dem Hochstift zur Verfügung.
Für das neue Gebäude und die Dauerausstellung einschließlich der Museumstechnik wurde vorab eine Summe von 16 Millionen Euro kalkuliert. "Der für den Bau vorgesehene Kostenrahmen von zwölf Millionen Euro wurde eingehalten", sagte Bohnenkamp-Renken. "Weitere Spenden werden für besondere Akzente in der Gestaltung sowie für kommende Ausstellungen und Vermittlungsaufgaben eingeworben." Unter anderem werden Patenschaften für Räume oder Objekte vergeben.
Vorgesehen ist eine Ausstellungsflächen von rund 400 Quadratmetern sowie weitere 400 Quadratmeter für Wechselausstellungen. Zu den Exponaten zählen etwa Handschriften des Autors Joseph von Eichendorff, Noten des Komponisten Robert Schumann oder Bilder des Malers Philipp Otto Runge. Das Museum will "die Zeit der Romantik als deutsche und europäische Schlüsselepoche erfahrbar machen", wie die Direktorin sagte.
Das Deutsche Romantik-Museum präsentiert einzigartige Originale mit multimedialen Ausstellungsformen, die die Zeit der Romantik als deutsche und europäische Schlüsselepoche erfahrbar machen wollen.
Im Dialog mit dem benachbarten Goethe-Haus und der Gemäldegalerie der Goethe-Zeit sind Manuskripte, Graphik, Gemälde und Gebrauchsgegenstände zu sehen. Goethe wird dabei in ein neues Licht gesetzt. Die Sammlung umfasst umfangreiche Bestände von Novalis über die Geschwister Brentano bis zu Joseph von Eichendorff.
Das Manuskript von 1835 ist ein besonders faszinierendes Blatt der Handschriftensammlung. Eichendorff entwirft hier eines der meistzitierten Gedichte der deutschen Romantik: „Wünschelrute“.
Wer die Romantik mit allen Sinnen sehen, fühlen und erfahren will, der ist in diesem Museum richtig. Grundlage ist die weltweit größte Sammlung zur Literatur der deutschen Romantik, die seit rund 100 Jahren vom Hochstift zusammengetragen wird, bisher aber im Archiv schlummert. Neben der Literatur sollen auch Kunst, Musik und Naturwissenschaften eine Rolle spielen. "Auch Goethe selbst wird dabei in ein neues Licht gerückt."
Das Lentos Kunstmuseum Linz ist ein Museum der Avantgarde in Linz. Als Nachfolgeinstitution der Neuen Galerie der Stadt Linz zählt es zu den wichtigsten Museen moderner und zeitgenössischer Kunst in Österreich. Das 130 Meter lange, international beachtete Bauwerk verfügt über rund 8.000 m² Nutzfläche und liegt direkt an der Donau zwischen Nibelungenbrücke und Brucknerhaus. Sein Erscheinungsbild wird weithin durch eine transparente, nachts beleuchtete Glashülle geprägt.
Das Lentos Kunstmuseum Linz zählt mit seiner stetig erweiternden Sammlung zu den bedeutendsten Museen moderner und zeitgenössischer Kunst in Österreich, von Meisterwerken der europäischen Malerei der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bis hin zu Grafiksammlungen und Fotografiebeständen. Lentos spannt den Bogen zwischen der klassisch-historischen Kunst des frühen 20. Jahrhunderts bis hin zu aktuellsten Kunst unserer Gegenwart.
Das Lentos-Museum für moderne und klassische Kunst an der Donaulände wurde 2003 eröffnet. Wegen der klaren Architektur in der Bevölkerung nicht unumstritten. Das von den Zürcher Architekten Weber & Hofer geschaffene Museum ist mit der nächtlichen Beleuchtung seiner Glashülle bereits zum Linzer Wahrzeichen geworden.
In unmittelbarer Nähe zur Donau, zwischen Nibelungenbrücke und Brucknerhaus, liegt es nur wenige Gehminuten vom Hauptplatz entfernt und bietet zugleich Erholung im weitläufigen, grünen Uferbereich.
Großdimensionierte Räume im Obergeschoß gewährleisten einen tageslichtreichen Ausstellungsplatz, so auch die Ausstellungshalle, der gleichzeitig der größte Museumsraum Österreichs ist. Im Untergeschoß ist Grafik und Medienkunst untergebracht, ebenso wie Foyer, Shop, ein Auditorium mit 250 Sitzplätzen, ein flexibel gestaltbarer Raum für Kunstvermittlung sowie die Bibliothek ergänzen wichtige öffentliche Bereiche, zu denen auch das beliebte Café-Restaurant mit seiner Donau-Panoramaterrasse zählt.
Kunst als Medium zum Verständnis der Welt, Kunst als Katalysator der Erfahrung der individuellen Lebensrealität, Kunst aber auch als Mittel zur Erprobung sozialer Möglichkeiten: Dies sind Schlüsselbegriffe, die die Konzeption und die Vermittlung des Ausstellungs- und des darüber hinaus greifenden Veranstaltungsprogramms des Kunstmuseums bestimmen.
Die Ausstellung »Impressionismus in Russland. Aufbruch zur Avantgarde« im Museum Barberini stellt eine Verbindung von Impressionismus und Russland her, einem Land, in dem der Impressionismus nie wirklich Fuß konnte und daher nur von wenigen Malern vertreten wurde. Sie widmet sich der bislang kaum erforschten Rezeption französischer Lichtmalerei in Russland und zeigt anhand von über 80 Werken – von Ilja Repin bis Kasimir Malewitsch – die Internationalität der Bildsprache um 1900 und beleuchtet ein spannendes, bislang kaum beachtetes Kapitel des Impressionismus.
Die Pandemie hat in die Ausstellungsplanung der Museen tiefe Lücken gerissen. Besonders heftig traf es das Museum Barberini in Potsdam, das im November eine Ausstellung zum Russischen Impressionismus eröffnen wollte. Die Gemälde waren bereits gehängt, als der zweite Lockdown verfügt wurde. Im – gleichfalls privaten – Museum Frieder Burda in Baden-Baden, das als zweite Station vorgesehen war, konnte die Ausstellung seit Ende März gezeigt werden. Von dort ist sie jetzt nach Potsdam zurückgekehrt. Dank der Großzügigkeit der russischen Leihgeber ist die Ausstellung ab Sonnabend zu sehen, so, wie sie von Anfang an geplant war.
Der Impressionismus setzte zeitlich verspätet in Russland ein. Die zeitliche Verschiebung steht sinnbildlich für die Kunst selbst. Denn der Impressionismus, in Frankreich in den 1870er Jahren an die Öffentlichkeit getreten und anfangs verlacht und bekämpft, verbreitete sich mit erheblicher Verzögerung in Europa und bis in die USA. Es dauerte an die zwanzig Jahre, bis die typischen Merkmale des Impressionismus, die hellen Farben, die lockere Pinselführung, das Malen en plein air als Errungenschaften anerkannt waren. Wenn auch nicht von allen, gegen die leichthändige Malerei leisteten die Akademien, die den offiziellen Kunstbetrieb bestimmten, erbitterten Widerstand.
Die neue Kunst aus Frankreich kam im Zarenreich verspätet an. In Russland freilich gab es einen doppelten Konflikt. Denn auch die gegen Ende des 19. Jahrhunderts tonangebenden, anti-akademischen Maler der „Wanderer“, wie die Mitglieder der „Genossenschaft zur Veranstaltung von Wanderausstellungen“ genannt wurden, lehnten in ihrer Suche nach einer nicht-westlichen Kunst den Import aus Frankreich ab. Freilich verwischten sich die Grenzziehungen, je mehr Künstler den freieren Malstil für sich entdeckten, ohne darum spezifisch russische Sujets zu verleugnen.
Es macht nicht zuletzt den Reiz der mit rund 80 Werken überwiegend aus der Tretjakow-Galerie, dem Staatsmuseum russischer Kunst in Moskau bestückten Zusammenstellung aus, diese mehrfachen Verschränkungen nachzuverfolgen. In Frankreich blieb der Impressionismus mit einer spezifischen Themenwahl verbunden, mit Sujets, die das Pariser Bürgertum für sich reklamierte, wie die Freizeitvergnügen an der Seine, der Besuch von Cafés, die Sommerfrische an der See; im Ganzen das Leben der Metropole. Das ahmten die russischen Maler nach, die wie Konstantin Korowin nach Paris gingen und gleichfalls Cafés im Schein nächtlicher Beleuchtung malten. Zuhause aber warteten andere Aufgaben: Ilja Repin malt das „Swjatogorsker Mariä-Himmelfahrts-Kloster“, Valentin Serow „Tartarinnen am Fluss“, wie es die Peredwischniki, die „Wanderer“, als Aufgabe der Kunst forderten.
Paris wurde zum Sehnsuchtsort der jungen Maler. Auch deren Protagonisten hatten zum Teil in Paris gelernt, allen voran Ilja Repin, der zur überragenden Figur des Realismus heranwuchs. Er ging, wie auch der später als Lehrer einflussreiche Wassili Polenow, wohlgemerkt als Stipendiat der Akademie nach Frankreich. Die Seine-Metropole behielt auch auf Jüngere ihre Anziehungskraft, und der Vollblutimpressionist Konstantin Korowin malte sie ein Leben lang in gleichwohl eher expressivem Farbrausch.
Davon zeugt der erste Raum der Potsdamer Ausstellung mit einer ganzen Reihe russischer Paris-Ansichten. „Im Glanz, in den Farben kann man vieles erreichen“, wird mahnend der Maler Alexander Kisseljow im Katalog zitiert, „aber der Ideengehalt ist eine tiefere Angelegenheit: Er liegt im Abbild des Lebens, im Alltag, in den Gedanken und Sehnsüchten des Volkes.“
Der Satz drückt vielleicht am prägnantesten aus, worum es den russischen Künstlern zu tun war. Sie sind im Kontext der sozialen und politischen Erschütterungen der späten Zarenzeit zu verstehen. Die „Wanderer“ nahmen sie wahr, die Impressionisten hingegen wollten sich nichts anmerken lassen. Mehr als in Frankreich ist der Impressionismus in Russland auch eine Rückzugsbewegung; etwa aufs Landgut des Mäzens Sawwa Mamontow, wo Valentin Serow bereits in den 1880er Jahren reüssierte. Er blieb bei Sujets wie „Im Sommer“ von 1895, einem zartfarbigen Bildnis inmitten duftiger Landschaft.
Russische Kunst hat ohnehin selten Eingang in den Ausstellungskalender gefunden. Unvergessen ist die Retrospektive, die die Berliner Nationalgalerie 2003 für Ilja Repin ausrichtete. Um so höher ist zu bewerten, dass das Museum Barberini sich an die Darstellung einer Kunstlandschaft macht, die nicht auf Vorkenntnis der Besucher rechnen kann.
Ilja Jefimowitsch Repin wurde vor 175 Jahren am 24. Juli 1844 in Tschugujew im Gouvernement Charkow geboren. Ilja Repin war ein russischer Maler und. gilt als der bedeutendste Vertreter der russischen Realisten.
Ilja Repin gehörte zu der Künstlergruppe der »Perewischniki«. Diese Avantgarde-Bewegung rebellierte gegen Formalismus und Tradition der »Russischen Akademie der Schönen Künste« und erklärte Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit zu ihren Idealen.
Ilja Repin war einer der führenden Vertreter der russischen Peredwischniki-Bewegung, einer Wanderausstellungen organisierenden Gruppe von Malern des Realismus. Sie waren Vorreiter einer neuen Strömung in der Kunst, die sich gegen die Tradition der St. Petersburger Akademie der bildenden Künste auflehnte und sich für das Ideal einer ur-russischen Kunst einsetzte.
Repins ausdrucksvolle Werke vermitteln psychologische Tiefe und veranschaulichen die gesellschaftlichen Probleme und Spannungsfelder seiner Zeit. Dieses Buch lädt dazu ein, die prächtigsten Kunstwerke des progressiven Realisten zu entdecken, dessen Arbeit letztendlich nicht nur viele sozial orientierte Kunstbewegungen beeinflusst hat.
Die stilistische Entwicklung des russischen Malers Ilja Repin hat angefangen mit seinem detailreichen Realismus der frühen Jahre, über seine atmosphärischen Studien im Sinne des Impressionismus bis hin zu den politischen Bildern seines Spätwerks. Brennpunkte seiner Kunst waren die Metropolen Moskau und St. Petersburg. Seine monumentalen Schilderungen des russischen Alltagslebens, seine Gesellschaftsszenarien, seine Historienbilder und Porträts fügen sich zu einem facettenreichen Epochengemälde zwischen Tradition und Aufbruch in eine neue Zeit.
Die Abgrenzung zu besagten „Wanderern“ wie überhaupt zum Realismus ist eine Leitlinie der Ausstellung. Es leuchtet hier ein Impressionismus kräftiger Farben, wie auf Nikolai Tarkhoffs „Beim Frühstück“ von 1906 oder Abram Archipows „Im Norden“ von 1910, und selbst in Igor Grabars „Verlöschendem Tag“ von 1904 verlöschen die Farben nicht. Isaak Lewitan, unter russischen Sammlern mehr denn je geschätzt, ist mit einem für ihn ungewohnt schmissigen „Frühling auf der Krim“ aus seinem Todesjahr 1900 zu sehen. Genau das charakterisiert die Künstler der ausgehenden Zarenzeit: Sie sind in ihrer Mehrzahl nicht auf eine Malweise festgelegt.
Im wie Katalog heißt es zutreffend, dass der russische Impressionismus „sich organisch mit Elementen des Jugendstils, des Symbolismus und des Expressionismus verband“. Und schließlich ganz über sich hinausging, um in der erhitzten Avantgarde vor dem Ersten Weltkrieg aufzugehen, die wiederum in parallele Richtungen zerfällt, in den Neoprimitivismus eines Michail Larionow und einer Natalja Gontscharowa und in den Suprematismus eines Kasimir Malewitsch.
Ähnlich wie in Deutschland ist der Impressionismus in Russland nicht wirklich heimisch geworden. Die Entdeckung der Landschaft als Bildthema macht das Dilemma deutlich: Den russischen Künstlern, heißt es im Katalog, „ging es (…) nicht um die Wiedergabe der atmosphärischen Phänomene, sondern sie suchten in der Landschaft das Gefühl“.
Im Museum Barberini sind überraschend viele der jungen Wilden zu sehen, Gontscharowa, Larionow, die Gebrüder Burljuk. Da ist der Impressionismus nicht nur vorbei, sondern regelrecht erledigt. In St. Petersburg, zu Petrograd umfirmiert, bricht 1917 die Revolution los. Doch nicht die Avantgardisten, sondern Ilja Repins Realismus wurde zur ästhetischen Richtschnur der Sowjetmacht. Die Ära des gepflegten Landlebens war unwiederbringlich vorbei.
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Die Ausstellung im Museum Barberini dauert vom 28. August 2021 bis 9. Januar 2022.